Cookie-Einstellungen

Wir verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Webseiten-Erlebnis zu bieten. Dazu zählen Cookies, die für den Betrieb der Seite und für die Steuerung unserer kommerziellen Unternehmensziele notwendig sind, sowie solche, die lediglich zu anonymen Statistikzwecken, für Komforteinstellungen oder zur Anzeige personalisierter Inhalte genutzt werden. Sie können selbst entscheiden, welche Kategorien Sie zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass auf Basis Ihrer Einstellungen womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.

Cookie-Einstellungen

Die Glocken von St. Michael

Wilhelm-Marx-Str. 36-38
90419 Nürnberg
Tel.: Pfarrbüro 0911-33 08 80

Die Glocken von St. Michael sind über 50 Jahre alt!

Es waren nicht mehr ganz zehn Monate bis zur Einweihung der Kirche hin, als man am 1. Dez. 1909 mit der Fa. J. P. Lotter, kgl. bayer. Hoflieferant zu Bamberg „die Lieferung von vier Glocken nebst Zubehör sowie einen schmiedeeisernen Glockenstuhl“ vertraglich abschloss.

„Wir machen uns verbindlich, Glocken von reinem, gutem Material, sauber verziert und gearbeitet, mit vollem, kräftigem Tone zu liefern. Mischung des neuen Materials 78% Kupfer und 22% bestes Zinn...“ Ihre Töne und ihr Gewicht waren H/4380 kg, Dis/2284 kg, Fis/1252 kg und Gis/910 kg.

Als vertraglicher Liefer- und Erstläutetermin war Ende Mai 1910 festgelegt. So konnte am 25. Sept. 1910 unter ihrem Klang der Erzbischof von Bamberg, Dr. Friedrich Philipp von Abert die neu erbaute Kirche St. Michael feierlich einweihen.

Das Metall, aus dem die Glocken bestanden, war hochwertiges Kriegsmaterial! Darum rückte denn auch die Gefahr, dass sie wieder abgenommen und eingeschmolzen würden mit der „Anordnung, betr. Eigentumsübertragung auf den Militärfundus“ vom 16. Sept. 1918 bedrohlich in die Nähe. Ob sie wirklich drei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens und „im Zwangswege auf Kosten des Besitzers abgeholt“ wurden, geht aus den Archivunterlagen nicht hervor. Dem Schicksal der Einschmelzung im Ersten Weltkrieg sind sie jedenfalls entgangen!

Nicht aber so im Zweiten Weltkrieg! Pfr. F. X. Eichhorn unterschrieb bereits am 15. Mai 1940 den „Meldebogen für Bronzeglocken der Kirchen“ (auch den für das Glöckchen von St. Konrad, von dem nicht einmal das Gewicht bekannt war, sondern nur dessen unterer Durchmesser von 60 cm.)

Bereits ein Jahr später kam die Aufforderung zur Glockenabgabe. Pfr. F. X. Eichhorn unternahm nun den verzweifelten Versuch, wenigstens eine Glocke für St. Michael zu retten. Er wandte sich an die Leitstelle 19 beim Landes-handwerksmeister in München:

„Ich möchte an die Leitselle 19 ... die Bitte richten ..., dass statt der Glocke in St. Konrad wenigstens eine der Glocken von St. Michael verbleibt.

Begründung: Die St. Konradskirche liegt in Schniegling, ... und ist als gottesdienstlicher Raum für nur ca. 700 Seelen bestimmt. Die St. Michaels-kirche ist das Gotteshaus für ca. 9600 Seelen. Die Gläubigen würden es als außerdordentlich schwer empfinden, wenn sie sämtliche Glocken entbehren müßten, während dem kleinesten Teil der Gemeinde für eine Notkirche, in der nur zweimal in der Woche Gottesdienst stattfindet, eine Glocke belassen würde. Die Glocke von St. Konrad bedeutet für den allergrößten Teil der Gemeinde gar nichts. Der Turm von St. Michael besitzt ein Uhr- und Schlagwerk, das mit dieser Maßnahme ebenfalls in Wegfall käme, während die St. Konradskirche davon in keiner Weise betroffen würde ...“

Das wochen- und monatelange intensive Bemühen um die Realisierung dieses Tauschangebotes blieb erfolglos! Auch das Ordinariat in Bamberg war machtlos. Das endgültige Aus kam mit dem Schreiben vom 15. 4. 1942, wonach „wegen der Auswirkung auf eine erhebliche Reihe gleichgelagerter Fälle“, der Antrag völlig aussichtslos blieb.

Fast wie in einem (undatierten) Nachruf notierte Pfr. F. X. Eichhorn: „Nach dem Aufbau des Gerüstes, der sich mehrere Wochen dahinzog, wurde mit der Abnahme der Glocken am Fronleichnamsfeste, 4. 6. 42, begonnen ...

Die Glocken tragen folgende Aufschriften:

  1. St. Michael
  2. St. Johannes
  3. St. Kunigundis
  4. St. Mauritii

Allgemein untersagt war vom Reichsministerium des Innern, Glockenabnahmefeiern zu veranstalten. Stattdessen musste eine vorformulierte Kanzelverkündigung kurz vor der Abnahme im gewöhnlichen Gottesdienst verlesen werden.

Wir können nur noch erahnen, wie der letzte Satz in den Ohren der Gottesdienstbesucher geklungen haben mag: „Möge das Opfer, das damit der Kirche auferlegt wird, den Gläubigen Ansporn sein, noch umso inniger um einen für Volk und Vaterland segenbringenden, siegreichen Ausgang des Krieges zu beten.“

Die Kriegsschäden an der Michaelskirche waren immens und bis das Gotteshaus mit dem neuen Turm wiedererstanden war, vergingen Jahre. Zwar hatte man sich in der Zeit unmittelbar nach dem Krieg auch auf die Suche nach den Glocken gemacht. Ergebnislos! Sie waren eingeschmolzen worden. (Bei der Suche fand man allerdings in Hamburg eine Glocke der Friedenskirche wieder!)

Erst Ende 1958 begann man, sich um die Beschaffung eines neuen Geläutes zu kümmern. Was dem Pfarrer das Bemühen darum sicherlich erleichterte, war die Tatsache, dass durch Spenden aus der Pfarrei der Kaufpreis in voller Höhe (!) bereits gedeckt war! Nach Einholung gleich von fünf Kostenvoran-schlägen und nach dem Plazet aus Bamberg mit der Empfehlung, statt Stahl- doch Bronzeglocken zu nehmen, erteilte man am 4. März 1959 den Auftrag der Fa. Schilling in Heidelberg.

Worum sich Pfr. Peter Wachter allerdings kümmern musste, war das Gießmaterial! Er wandte sich hilfesuchend an die Bundesbahn, ob sie nicht geeignetes Altmetall zum Verkauf hätte. Sein Ansuchen wurde abschlägig beschieden, da die Bahn kein Material in der entsprechenden Zusammensetzung hätte und das vorhandene ausschließlich für eigene Zwecke brauche. Fündig wurde der Pfarrer dann beim Hüttenwerk Ulm, das die benötigte Menge liefern konnte.

Bereits am Donnerstag vor Pfingsten (14. Mai 1959) erfolgte der Guss der vier Glocken (die von der Friedenskirche bei der gleichen Firma am 17. Febr., worüber der Nürnberger Stadtspiegel ganzseitig berichtete).

Am 8. Juni wurden sie vom Glockensachverständigen Hans Rolli abgenommen. Er attestierte: „Technisch ist der Guss einwandfrei ausgefallen ... Der Klangaufbau von allen vier Glocken ist ... von mathematisch nicht zu übertreffender Reinheit ... Dieser außerordentliche exakte Klangaufbau ergibt ... ein außergewöhnlich klares prägnantes Klangbild ...“

Am 12. Juni 1959 holte die Nürnberger Firma Pfenninger die Glocken in Heidelberg ab. Damit stand ihrer Weihe am 14. Juni (am 21. Juni wurden die von der Friedenkirche geweiht!) nichts mehr im Wege. Die Weihehandlung vorzunehmen wurde dem nunmehrigen Domkapitular F. X. Eichhorn angetragen, der dieses Angebot sehr gerne annahm, hatte er doch die alten Glocken von St. Michael hergeben müssen.

Somit ging der Wunsch von Pfarrer Peter Wachter in Erfüllung, dass „... an der Johanniskirchweih, die am 21 . 6. gefeiert wird, die Glocken zum ersten Mal ...“ (zusammen mit dem Erstläuten der Friedenskirche) läuteten.

Die Freude, die Pfr. Peter Wachter empfand, lässt sich auch heute noch aus dem Dankschreiben an die Fa. Schilling zwischen den Zeilen erspüren: „... Ich darf Ihnen nochmals danken, dass Sie die Glocken noch rechtzeitig zur Johanniskirchweih fertiggestellt haben. Ich bin zwar kein Glockensachverständiger, aber wenn ich unser Geläute mit anderen mir bekannten ... vergleiche, dann kann ich wohl sagen, dass darunter nur wenige sind, die so klangvoll, so festlich-froh und doch auch weihevoll-ernst ... tönen, wie unsere vier Glocken...“

Und so rufen und verkünden nun seit 50 Jahren vom Turme von St. Michael die vier Glocken mit ihrem „Per-Omnia-Klangmotiv“:

  • Sancte Michael archangele ... Dis/1639 kg
  • Regina coeli laetare ... Fis/1152 kg
  • Sancte Joannes Maria … Gis/778 kg
  • Joseph opifex … Ais/555 kg

Mögen sie noch lange bei vielen Gläubigen auf ein „offenes“ Ohr stoßen und ihr Herz erreichen!

- Herbert Kirschner -

  • 07.08.2013

Vollgeläute der Michaelskirche

Audios